Die Bibliothek

„Lieber ein Kollegium ohne eigene Kirche, ais ohne eigene Bibliothek“ (Petrus Canisius).

Bevor die Jesuiten das Kollegium mit einem Raum fur die Bibliothek erbaut haben, wurden die Biicher in der Pfarrkirche aufbewahrt. Die Bibliothek befindet sich im nórdlichen Teil der Kirche St. Stanislaus und Wenzel. Der gotische Innenraum ist nit einem Kreuzgewolbe gedeckt. Das Sandsteinportal ist mit einer gotischen Tiir aus der 2. Halfte des 15. Jhs. ausgestattet, die mit im Blech gestanzten Bildnissen des Erzengels Gabriel, Maria, des schlesischen Adlers und des bóhmischen Lówen verziert ist.

Die Jesuiten kiimmerten sich urn die Ausstattung und Ein-richtung der Bibliothek. Die Biicher wurden in Biicherschranken mit beschrifteten Abteilungen aufbewahrt.

In Schweidnitz wurde der Bibliothekar unter den Monchen vom Rektor berufen. Die Biicher wurden fur die Bibliothek hauptsachlich gekauft, aber auch geschenkt oder testamenta-risch verschrieben. Die wichtigste Quelle der Informationen liber die Bibliothek ist die Biichersammlung selbst. Der Erschei-nungsort und das Ausgabejahr sowie die Art der Buchbindung zeugen von den Quellen der Biichersammlung und vom materi-ellen Status des Kaufers.

Die von den Jesuiten gegriindeten Bibliotheken waren all-gemein zuganglich. Die Bibliothek in Schweidnitz diente den Ordensbriidern bei ihrer Missions- und Bildungstatigkeit. Man betonte die Bedeutung des fleilsigen Lernens und der Vorliebe zum Wissen ais Weg zu irdischen Ehren und zur Selbstvervoll-kommnung. Die Jesuiten sammelten Biicher diverser Diszipli-nen, geordnet nach Abteilungen: spekulative Theologie, prakti-sche Theologie, Philosophie, Kirchen- und ZMlrecht, Geschich-te und politische Literatur, Astronomie, Geografie, Medizin, Mathematik und Naturwissenschaften, Rhetorik, schóne Literatur, Linguistik und Epistolografie, erschienen in den wichtigs-ten Zentren der europaischen Druckkunst jener Zeit. Sie hatten unbeschrankten Zugang zu europaischen Veroffentlichungen.
Die Publikationen der Jesuiten iiber die Kontinente – die sog. Neue Welt – gehórten zu den besten, wertvollsten und reichsten Europas, enthielten Informationen iiber die Lander des Fernen Ostens. Im Bereich der Sinologie waren sie die Monopolisten iiber 200 Jahre hindurch. In der Schweidnitzer Bibliothek sind drei Briefe des hi. Franz Xaver erhalten geblieben, des bedeu-tendsten Missionars aller Zeiten, der vor allem in Indien und Japan tatig war.

Die Analyse der Biichersammlung in der Schweidnitzer Bibliothek weist auf ein Ubergewicht religioser Literatur hin. In der Biicherei sammelte man auch wertvolle Manuskripte, u. a. die Alben religioser Bruderschaften.

Nach dem Konzil von Trient befand sich in jeder Bibliothek ein Verzeichnis verbotener Biicher, Index librorumprohibitorum. „Ketzerische“ Biicher wurden in einem separaten Schrank aufbewahrt.
Die erhaltene Sammlung der Jesuitenbibliothek in Schweidnitz zahlt heute ca. 2000 Einheiten, in Schweidnitz sind aller-dings 1 847 Bander zu finden. Die Sammlung umfasst 38 latei-nische Polonica, 20 Biicher in der franzósischen Sprache, 6 auf Griechisch, 7 auf Italienisch und je 1 auf Tschechisch und Heb-raisch. In der Bibliothek befinden sich 14 Messbiicher, die nach dem Konzil von Trient ausgegeben wurden.